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Technik






           austragen wollte, stattdessen knobelte, bis eine Lösung   das Signal abzugreifen und als Option noch der Ar-
           für einen sehr guten, aber kleinen Übertrager zur Hand   beitspunkt einzustellen. Arbeitsteilung lautet dagegen
           war. Das Geheimnis der Octave‘schen SE-Übertrager   das Motto bei Octave, so fiel die Wahl auf indirekt
           ist eines, sprich, man weiß es nicht genau. Es besteht   geheizte Röhren der KT-Familie — günstig, langlebig
           allerdings die Vermutung, dass eine zweite strom-  und problemlos zu bekommen. KT-Röhren gehören
           durchflossene Wicklung die Vormagnetisierung des   in die leistungsstärkere Abteilung, und das muß auch
           Kerns eliminiert. Wie auch immer, die kleinen Octa-  so sein, schließlich werden die Tetroden beim V16 als
           ve-Übertrager kommen bis zehn Hertz in den Keller   Trioden geschaltet, dabei möchten noch zwei Hand-
           und erklimmen die 100 Kilohertz ohne jeden Schlen-  voll Watt an Ausgangsleistung übrig bleiben. Ab KT88
           ker im Frequenzgang. Ok, das ist eine Ansage!     aufwärts dürfen alle Varianten der KT-Familie im V16
                                                             Platz nehmen, der Spiel- und Tausch-Trieb kann also
           Röhrensuche                                       durchaus ausgelebt werden, zumal eine an der Front
                                                             umschaltbare Arbeitspunkteinstellung einen Röhren-
           Octave hat sich bei der Konzeption des V16 gegen   wechsel zum Kinderspiel werden läßt.
           direkt geheizte Trioden und den damit verbundenen
           Ärger entschieden. An den Kathoden (Mehrzahl!),   Partnersuche
           zum Beispiel einer 300B, ist die Heizung einzuspeisen,
                                                             Ein Vollverstärker mit Kopfhörerausgang ist in der
                                                             Halbleiterwelt keine Zauberei, aber in der Röhrenwelt
                                                             kann der Versuch gewaltig nach hinten losgehen. Was
                                                             am nüchternen Lautsprecher noch als glutvoller Kuß
                                                             der Röhrenstimmen durchgeht, ist am Kopfhörer nur
                                                             noch mittiger Matsch; als Gratisdreingabe gibt es alle
                                                             Arten von Störartefakten, angefangen von Gebrummel,
                                                             über Gerausche bis hin zu Gezirpe. Für Kopfhörer
                                                             nehme man Spezialisten, wenn es denn Röhre sein
                                                             muß — oder einen Octave V16! Zunächst hört man
                                                             in der Kombination V16 plus 600er Sennheiser nichts,
                                                             gar nichts. Bis die Musik einsetzt. Wehe, wer wäh-
                                                             renddessen unvorsichtigerweise die Lautstärke hoch-
                                                             gedreht hat — die Strafe folgt auf dem Fuße. Tatsäch-
                                                             lich ist der Output an Nebengeräuschen, bleibt man
                                                             im Rahmen des Gesundheitsunschädlichen, Null, und
                                                             das ist weniger meiner beginnenden Alterstaubheit,
                                                             als vielmehr dem Nebengeräuschabstand des Verstär-
                                                             kers geschuldet. Nochmal zur Erinnerung: es ist ein
                                                             Eintakt-Röhrenverstärker. Wenn man sich dann doch
                                                             von den Musikpausen losreißen möchte, läßt einem
                                                             der Octave tief in die Materie eintauchen. Das Auflö-
                                                             sungsvermögen ist enorm. B_ela, die sich nach nur
                                                             zwei Scheiben wieder von der Musikbranche verab-
                                                             schiedet hat, besitzt einen besonderen, schwer zu be-
                                                             schreibenden Laut in ihrer Stimme, den man auf die
                                                             Schnelle gerne mal überhört. Nicht so mit dem Oc-
                                                             tave, der auch diese kleinen Details wie selbstverständ-
                                                             lich serviert. Ganz Röhre, vermittelt der V16 das De-
                                                             tail nicht mit der Handkante, aber auch nicht mit
                                                             Zuckerguß. Der Octave ist kein Mittenprotzer, ten-
                                                             denziell eher auf der analytischen Seite, ohne dabei
                                                             scharf zu werden.



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